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03.04.2025 Koordinierung der Berliner Register

Auswertung für 2024 der Berliner Register: Rekordzahl an Vorfällen


Text: Pressekonferenz der Berliner Register 3. April 2025; Schmuckbild: sich bewegende Beine auf einer Straße

Pressemappe:

Bezirkliche Auswertungen:

Rekordzahl an Vorfällen: Berliner Register dokumentieren 7.720 Fälle von Diskriminierung und extrem rechten Aktivitäten

Berlin verzeichnet einen Höchststand an extrem rechten, rassistischen, antisemitischen und queerfeindlichen Vorfällen. Im Jahr 2024 dokumentierten die Berliner Register 7.720 Fälle – so viele wie nie zuvor.

Zitat: Jana Adam, Koordinatorin der Berliner Register:

„Der deutliche Anstieg geht vor allem auf verstärkte extrem rechte Aktivitäten sowie eine Zunahme antisemitischer Bedrohungen zurück. Die extreme Rechte gewinnt in Berlin an Einfluss – sei es durch eine wiedererstarkte rechte Jugendkultur, die Normalisierung rassistischer Rhetorik oder den Schulterschluss über antifeministische Ideologien.“

Zusammenfassung der Zahlen und Motive:

Im Durchschnitt dokumentierten die Berliner Register 21 Vorfälle am Tag. Darunter waren:

  • 351 körperliche Angriffe (2023: 329), die 5 Prozent aller Vorfälle ausmachten,
  • 1.374 Beleidigungen und Bedrohungen (2023: 1.029), was 18 Prozent entspricht,
  • 461 Fälle struktureller Benachteiligung (2023: 538) mit 6 Prozent,
  • 372 Veranstaltungen (5 % aller Vorfälle; 2023: 328),
  • 235 Sachbeschädigungen (3 % aller Vorfälle; 2023: 187) und
  • 4.972 Propaganda-Vorfälle (mit 64 Prozent aller Vorfälle die größte Kategorie), die deutlich angestiegen sind (2023: 2.865), dazu zählen Plakate, Schmierereien und Flyer.

Mit 2.200 antisemitischen Vorfällen hat sich die Zahl im Vergleich zum Vorjahr (2024: 2.200; 2023: 1.113) fast verdoppelt. Sie machten 28 Prozent aller Vorfälle aus. Seit dem 7. Oktober 2023 verfestigte sich das hohe Vorfallniveau. Jüdinnen*Juden wurden verstärkt im öffentlichen Raum angefeindet, jüdische Einrichtungen waren Ziel massiver Drohungen – oft über digitale Kanäle. Nicht alle Vorfälle bezogen sich auf den Nahostkrieg, sondern antisemitische Einstellungen normalisieren sich zunehmend, was sich auch in vermehrten Angriffen auf das Gedenken an den Nationalsozialismus zeigte.

Rassistische Vorfälle (2024: 1.761; 2023: 1.459) stiegen ebenfalls an. Es zeigt sich: Zehn Jahre nach 2015 nimmt die Stimmungsmache gegen Geflüchtete weiter zu, begleitet von einer Normalisierung rassistischer Vorurteile. Begriffe wie „Remigration“ finden zunehmend Eingang in öffentliche Debatten und führen zu rassistischen Anfeindungen im Berliner Alltag. Bekannte Parolen wie „Ausländer raus“ wurden in der Öffentlichkeit gesungen. Darüber hinaus zeigt sich Rassismus seit Jahren deutlich in strukturellen Diskriminierungen, etwa in Behörden.

520 Vorfälle richteten sich gegen homo- und bisexuelle, trans- und intergeschlechtliche sowie queere Menschen. Die Zahlen im Bereich LGBTIQ*-Feindlichkeit stiegen somit erneut an (2024: 520; 2023: 464). Hass gegen queeres Leben blieb weiterhin ein zentrales Element und Bindeglied rechter und antifeministischer Mobilisierung – insbesondere durch Kampagnen gegen die sexuelle und geschlechtliche Selbstbestimmung. Körperliche Angriffe und verbale Bedrohungen blieben konstant auf erhöhtem Niveau, vor allem rund um den Christopher Street Day und generell an den Wochenenden.

Den stärksten Anstieg verzeichneten die Berliner Register im Bereich der Aktivitäten gegen politische Gegner*innen der extremen Rechten (2024: 1.296; 2023: 525), insgesamt 17 Prozent aller Vorfälle. 11 Prozent waren der Verherrlichung des Nationalsozialismus (2024: 842; 2023: 704) zuzuordnen, dazu zählen z.B. Hakenkreuz-Schmierereien. 12 Prozent der Vorfälle entfielen auf die rechte Selbstdarstellung (2024: 959; 2023: 787), also Werbung für extrem rechte Gruppen. 3 Prozent waren behindertenfeindliche Vorfälle (2024: 77; 2023: 144) und je unter 1 Prozent der Vorfälle waren sozialchauvinistisch (2024: 27; 2023: 45) und antifeministisch (2024: 38; 2023: 45) motiviert.

In den Ostberliner Bezirken Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Pankow und Treptow-Köpenick stiegen die extrem rechten Propagandavorfälle um mehrere Hundert an. Extrem rechte Akteure wie „Der III. Weg“ setzten gezielt auf Provokation und Raumnahmeversuche. Die neu entstandene extrem rechte Jugendkultur bedroht Menschen, die nicht in deren Weltbild passen, z. B. queere und linke Jugendliche. Die dokumentierten Vorfälle zeigen, dass der Rechtsruck in öffentlichen Debatten seinen Widerhall auf der Straße findet.

Die hohe Zahl an Meldungen zeigt nicht nur das Ausmaß der Problematik. Denn die Ergebnisse der Berliner Register machen auch Mut:

Zitat: Jana Adam, Koordinatorin der Berliner Register:

„Viele nehmen Hass und Ausgrenzung nicht einfach hin. Denn hinter jeder Meldung steht ein Mensch, der diesen Entwicklungen widerspricht.“

Zu den Berliner Registern allgemein:

Die Berliner Register erfassen seit 20 Jahren diskriminierende Vorfälle und extrem rechte Aktivitäten, um gesellschaftliche Entwicklungen in der Stadt sichtbar zu machen und Impulse für die Entwicklung von Gegenstrategien zu geben.

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