Europawahlkampf in Reinickendorf
Während des Europawahlkampfes warben in Reinickendorf mehrere Parteien mit diskriminierenden In-halten um Stimmen. Die NPD hängte vor allem in Reinickendorf-Ost, u. a. entlang der Aroser Allee, Gotthard- und Emmentalerstraße, Plakate auf. Mit Slogans wie „Grenzkriminalität – Nicht mit uns“ und „Wir sind der Impfstoff gegen Asylbetrug“ verbreitete sie wieder das rassistische Stereotyp des „kriminellen Ausländers“. Auch ein Plakat, das im Rahmen der „Schutzzonen“-Kampagne zu verorten ist, nimmt auf dieses Feindbild Bezug. Verschiedene ND-Plakate nahmen auf soziale Themen wie die finanzielle Situation von Familien mit Kindern („Eltern-Glück bezahlbar machen!“) oder Altersarmut („Mit 67 Jahren hört das Leben auf? Altersarmut – nicht mit uns“) Bezug. Der Slogan „Sozial geht nur national“ auf dem Werbeplakat für Udo Voigt und die Visualisierung der Familie als weiße Familie mit blonden Kindern machte unmissverständlich deutlich, dass der Sozialstaat nur für die Angehörigen eines völkisch definierten Kollektivs gelten solle und alle vermeintlich Nicht-Deutschen diskriminiert werden sollten. Ähnlich wie die NPD schürte auch die AfD mit Slogans wie “Grenzen sichern!“ und „Heimat bewahren“ Angst vor Migrant_innen. In Reinickendorf waren auch einige Großplakate aus der Reihe mit dem widersinnigen Titel „Aus Europas Geschichte lernen“ zu sehen, die jeweils berühmte Werke aus der europäischen Kunstgeschichte verwerteten. Das Plakat mit dem Slogan „Damit aus Europa kein ,Eurabien‘ wird!“ zeigte einen Bildausschnitt aus dem Gemälde „Sklavenmarkt“ des französischen Malers Jean-Léon Gérôme aus dem Jahr 1866. Drauf ist eine nackte Frau in einem orientalisch anmutenden Innenhof zu sehen, die von einer Gruppe orientalisch gekleideter Männer umgeben ist. Ihr Körper wird von einem Kaufinteressenten begutachtet. Die AfD reproduzierte mit dem Plakat nicht nur die Schaulust des 19. Jahrhunderts an weiblicher Nacktheit und sexualisierter Gewalt, sondern auch den orientalistischen Blick auf die arabische Welt. Dem Spiegel erklärte der Erfinder des Plakats, es solle die Kölner Silvester-Ereignisse umsetzen. Die AfD stellt damit eine Kontinuität von der vermeintlich historisch-realen Versklavung europäischer Frauen durch arabische Männer zu aktuellen Vorfällen sexualisierter Gewalt durch Migrant_innen. In Verbindung mit dem Slogan „Damit aus Europa kein ,Eurabien‘ wird!“ wird dadurch eine pauschal abwertende und damit rassistische Vorstellung arabischer Kultur verbreitet. Das Bedrohungs-Szenario einer vermeintlich bevorstehenden Eroberung und Umformung Europas durch eine arabische Kultur, die von der AfD mit Sklavenhandel und sexualisierter Gewalt gleichgesetzt wird, ist darüber hinaus dazu geeignet, rassistische Gewalt gegen Migrant_innen als Selbstverteidigung gegen diese Bedrohung zu legitimieren.