Jahresauswertung 2016 des Register Treptow-Köpenick
Treptow-Köpenick hat, ähnlich wie in anderen Regionen (bspw. Marzahn-Hellersdorf und Pankow), eine deutlich sichtbare und aktive (extrem) rechte Szene, die den Großteil der gesammelten Vorfälle verursacht, initiiert oder zumindest organisatorisch unterstützt.
Im Jahr 2016 wurden 367 Vorfälle dokumentiert (2015: 305); die bisher höchste Anzahl in einem Jahr seit Bestehen des Registers Treptow-Köpenick. Der Anstieg ist sowohl auf ein wachsendes Netz von engagierten Anwohner_innen, die beim Register ihre Beobachtungen melden, als auch auf die tatsächlliche Menge an Vorfällen zurückzuführen. Dabei stellten 195 Propagandavorfälle (53 %), wie bereits im vorigen Jahr, den Großteil aller Vorfälle.
Die Anzahl der Angriffe hat sich wieder erhöht (30) und stellt damit acht % der Vorfälle. Die Spanne reicht von Bedrohungen mit Waffen, wie Pistolen, Messer und Bierflaschen, über einen Brandanschlag auf eine bewohnte Unterkunft für Geflüchtete, bis hin zu ausgegrabenen Löchern, die Geflüchtete und Mitarbeiter_innen der Unterkunft in Altglienicke verletzt haben. Die Gewalt und Mühe, die sich Rassist_innen und Neonazis machen, nimmt weiter erschreckend zu.
Inhaltlich haben die Vorfälle, die rassistisch motiviert sind, leicht abgenommen (2015: 150; 2016: 123), die Vorfälle, die der (extrem) rechte Selbstdarstellung dienen, haben jedoch massiv zugenommen (2015: 44; 2016: 93). Die vorher beschriebene Brutalisierung sowie offene Zurschaustellung von NS-Nähe der lokalen Neonazi-Szene dient nicht nur als Erklärung für die Zunahme am Motiv (extrem) rechte Selbstdarstellung, sondern auch als Warnung für die Zivilgesellschaft. Diese sollte sich auf eine konfrontativer agierende Neonazi-Szene einstellen, der es zu begegnen gilt. Wie sich das im Bundestagswahlkampf äußern wird, kann nicht vorausgesagt werden. Es ist aber gut möglich, dass die (auch parteilosen) Neonazis den Sommer nutzen, um stärker auf sich aufmerksam zu machen. Daher ist vermehrt mit Angriffen auf Antifaschist_innen, Demokrat_innen und alle anderen Personen, die nicht in das völkische Weltbild der Neonazis passen, zu rechnen.
Anhand der Registerdaten ist klar zu erkennen, dass es sechs Regionen in Treptow-Köpenick gibt, in denen ein deutlicher Zuwachs an Vorfällen zu verzeichnen war: Altglienicke (+16 = 320 % Zuwachs), Alt-Treptow (+15 = 250 % Zuwachs), Köpenicker Dammvorstadt (+22 = Zuwachs 95 %) sowie Oberschöneweide (+24 = 160 % Zuwachs).
Niederschöneweide ist trotz leicht sinkenden Zahlen erneut der Stadtteil mit den meisten Vorfällen (56), gefolgt von Köpenicker Dammvorstadt (45) und Baumschulenweg (42). Hier zeigt sich die Grenze der Register. In Niederschöneweide wohnen und arbeiten viele Engagierte, die es gewohnt sind, Vorfälle an das Register zu melden. In Altglienicke ist dies nicht der Fall. Da jedoch in Altglienicke die Stimmung im Jahr 2016 rassistisch geprägt war und es hier auch zu vielen Kundgebungen sowie Angriffen kam, ist davon auszugehen, dass am Rand davon auch Bedrohungen und Propaganda-Vorfälle stattgefunden haben. Da jedoch die Meldestruktur vor Ort überschaubar ist, bleibt auch die Zahl der Vorfälle verhältnismäßig niedrig.
Die Unterbringungssituation von Geflüchteten spielte auch im Jahr 2016 noch eine wichtige Rolle beim Schüren rassistischer Ressentiments. Hier kann nur aus dem Fazit des letzten Jahres zitiert werden: „Eine Abnahme von rassistischen Vorfällen ist realistisch nur dann zu erwarten, wenn die Unterbringung von Geflüchteten in menschenwürdigen Bedingungen stattfindet. Das heißt Wohnungen statt Massenunterbringungen. Nur wenn die Exklusion nicht mehr in jedem Stadtteil sichtbar wird, ist es möglich, den Geflüchteten ein menschenwürdiges Leben zu ermöglichen.“