2021: Bezirks-Auswertung Lichtenberg
Beim Lichtenberger Register sind 2021 insgesamt 523 Vorfälle gemeldet worden. Das bedeutet gegenüber dem Vorjahr (421 Meldungen) einen Anstieg von 24 Prozent der Meldungen insgesamt. Damit steigen die Vorfälle ein weiteres Jahr in Folge an.
Zusätzlich sind uns im letzten Jahr 209-mal ein bis vier Aufkleber gemeldet worden, deren Inhalte extrem rechts oder diskriminierend waren. Zählen wir diese Meldungen noch hinzu, wurden 2021 sogar 732 Vorfälle gemeldet, was eine Steigerung um 74 Prozent bedeuten würde. Die Besonderheit in der Erfassung von Propaganda-Vorfällen erläutern wir später ausführlicher. Soviel nur in aller Kürze: In Absprache mit den Registerstellen anderer Bezirken haben wir 2021 ausnahmsweise auch einzelne Aufkleber in die Chronik aufgenommen, so wie es die meisten Berliner Registerstellen tun.
Egal welche Zählweise: Extrem rechte Propaganda bildet im Bezirk Lichtenberg das Schwergewicht mit 385 Vorfällen (bzw. 594). Das bedeutet auch, dass mindestens einmal täglich eine oder mehrere Personen extrem rechte und diskriminierende Propaganda im öffentlichen Raum hinterlassen, als Flyer, Aufkleber, Plakate oder Schmierereien.
Einen Anstieg der Meldungen hat es nicht allein bei der Propaganda gegeben. So bleiben Angriffe mit 27 Meldungen (2020: 25) sowie Beleidigungen, Bedrohungen und Pöbeleien mit 46 Meldungen (2020: 43) weiter auf einem hohen Niveau. Mit anderen Worten: jeden fünften Tag erreichen das Lichtenberger Register Meldungen über scheinbar spontane oder politisch gezielt vorgenommene, gewaltvolle Vorfälle. Diese Steigerung ist überraschend, weil aufgrund einer geänderten Rechtslage dem Berliner Register nicht die Angriffszahlen der Berliner Ermittlungsbehörden vorlagen.
Jede dieser Meldungen ist für sich genommen erwähnenswert und für die Betroffenen gewaltvoll – und wird in unserer Chronik sichtbar gemacht: Im August wurde im Fennpfuhl eine Person transfeindlich beschimpft und schließlich mit einer Schusswaffe bedroht, was die betroffene Person filmte und veröffentlichte. Im November machte ein Mann ebenfalls ein Video davon, wie er und sein Kind anti-Schwarz-rassistisch beleidigt und anspuckt wurden. Diese medial breit wahrgenommenen Angriffe waren nur die Spitze des Eisbergs. Darüber hinaus gab es im letzten Jahr weitere Angriffe mit Schuss- und Stichwaffen sowie einen lebensgefährlichen Angriff auf einen Obdachlosen. Es ist also auch eine qualitative Steigerung der Gewalt im Bezirk zu verzeichnen.
Der allgemeine Anstieg von Vorfällen zeigt sich in weiteren Vorfallsarten: Strukturelle Benachteiligung beispielsweise in Behörden wurde mit 23 Vorfällen deutlich häufiger im Jahr 2021 gemeldet, als noch 2020 (3 Vorfälle). So kann durch Meldungen neuer Kooperationspartner*innen der Berliner Register auch im Bezirk das Dunkelfeld insbesondere von rassistischer Diskriminierung verringert werden. Einen Anstieg gibt es auch bei Sachbeschädigungen, Veranstaltungen, Meldungen im Zuge des Wahlkampfes und sonstigen Vorfällen. Für Berlinweites Aufsehen sorgte etwa die Schändung des Erinnerungssteins an die Synagoge in Hohenschönhausen, der im Mai mit grüner Farbe übergossen worden war.
Eine Besonderheit bleiben solche Vorfälle, die im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stehen. Hier haben sich nicht nur Propagandavorfälle merklich radikalisiert, indem zählbar häufiger als noch 2020 relativierende Vergleiche zwischen dem NS und den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie hergestellt oder antisemitische Verschwörungserzählungen verbreitet werden. Hinzu kamen regelmäßige Mobilisierungen, wie Spaziergänge oder Autokorsos, in denen ebenfalls solche Inhalte verbreitet und auf die Straßen getragen wurden. Auch extrem rechte Parteien und Versandhändler haben sich diesem Thema zugewandt, mit eigener Propaganda gegen das Impfen und andere Schutzmaßnahmen.
Die Zahl der Vorfälle ist in allen Ortsteilen gestiegen, wobei Lichtenberg Mitte weiterhin der Schwerpunkt extrem rechter und diskriminierender Aktivitäten im Bezirk bleibt. Hier wurden 216 bzw. 305 Vorfälle (2020: 195) gemeldet. Es folgt Lichtenberg Nord mit 124 bzw. 196 Vorfällen (2020: 107). Auffällig ist die Zunahme der Vorfälle in Alt-Hohenschönhausen auf 50 bzw. 76 (2020: 26). Hier hat es zahlreiche Propagandameldungen gegeben, sowie auch Sachbeschädigungen und drei Bedrohungen, Beleidigungen und Pöbeleien.
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