2015: Halbjahres-Auswertung Lichtenberg
Im Laufe des ersten Halbjahrs 2015 wurden in Lichtenberg 101 Vorfälle gezählt. Das sind mehr, als jemals in diesem Zeitraum gezählt wurden. Im selben Vorjahrezeitraum wurden 46 Vorfälle aufgenommen. Das entspricht einer Verdoppelung der Vorfälle.
Ein Grund für die deutliche Steigerung liegt in dem Monitoring neonazistischer und rassistischer Internetseiten im Lichtenberger Kontext. Rassistische oder anderweitig diskriminierende Beiträge lokaler Internetprojekte werden seit Ende letzten Jahres ins Register aufgenommen. Für das erste Halbjahr 2015 machen diese Vorkommnisse allerdings nur 18 Zählungen aus, so dass auch ohne diese ein deutlicher Anstieg stattgefunden hat.
Der Anstieg ist vor allem auf die gestiegene Aktivität rechter Gruppierungen und Parteien gegen Flüchtlinge ihre Unterkünfte und Unterstützer_innen zurückzuführen. In der Kategorie "Rassismus" wurden 65 Vorfälle zusammengefasst. Ganze 28 Veranstaltungen haben in den Monaten Januar bis Juni 2015 in Lichtenberg stattgefunden (gesamt 2014: 13). Allein 15 dieser Veranstaltungen waren Demonstrationen und Kundgebungen der NPD, von "Pro Deutschland" und einer NPD-gelenkten Bürgerinitiative gegen Flüchtlingsunterkünfte in Hohenschönhausen und Lichtenberg. Darüber hinaus haben die NPD und "Pro Deutschland" ihre Propagandaaktivitäten fast vollständig auf das Flüchtlingsthema ausgerichtet. Fast im Wochentakt wurden Flugblätter in Lichtenberg in Briefkästen gesteckt. Die Propagandadelikte sind mit 57 Vorkommnissen alarmierend hoch und haben schon fast das Niveau des gesamten letzten Jahres erreicht (65).
Drei Angriffe und sechs Bedrohungen haben im ersten Halbjahr stattgefunden. Die Angriffe waren in je einem Fall rassistisch, transfeindlich und gegen den politischen Gegner gerichtet. Die Bedrohungen fanden alle im Kontext der flüchtlingsfeindlichen Demonstrationen in Hohenschönhausen statt und richteten sich ausschließlich gegen den politischen Gegner.
42 der Vorfälle ereigneten sich in Hohenschönhausen Nord, dem Zentrum der flüchtlings-feindlichen Mobilisierung im Bezirk. Der frühere Schwerpunkt der neonazistischen Organisierung, Lichtenberg Mitte (20), verliert weiter an Bedeutung. Auch hat die NPD die Bezirksverordnetenversammlung als Ort neonazistischer Agitation inzwischen fast vollständig aufgegeben. Nur noch eine der beiden NPD-Verordneten nimmt die BVV-Termine wahr, stellt sporadisch Anträge, geht jedoch meist schon in der ersten Sitzungspause, bevor die NPD-Anträge besprochen werden.
In den nächsten Monaten werden die Flüchtlinge in das Falkenberger Containerdorf einziehen. Es ist in diesem Kontext mit weiteren rassistischen Aktionen zu rechnen. Für rechtspopulistische und neonazistische Parteien ist dieses Thema derzeit das einzige, bei dem sie sich eine Anschlussfähigkeit an die Bevölkerung erhoffen.