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11.04.2024 Register Tempelhof-Schöneberg

Schwerpunkte des Jahres 2023: Registerstelle Tempelhof Schöneberg


Startseite Auswertung 2023

SCHWERPUNKTE DES JAHRES 2023

Im Jahr 2023 hat die Registerstelle Tempelhof-Schöneberg insgesamt 256 Vorfälle dokumentiert, was einer Verdopplung im Vergleich zum Vorjahr entspricht (2022: 120). Der Großteil des Anstiegs ist auf Propagandavorfälle, wie Aufkleber zurückzuführen, die von 57 im Jahr 2022 auf 114 im Jahr 2023 angestiegen sind. Die Motive haben keinen Schwerpunkt. Zu allen Themen, also LGBTIQ*-Feindlichkeit, NS-Verharmlosung, Rassismus, Rechte Selbstdarstellung, Antisemitismus und verbale Angriffe auf politische Gegner*innen liegen wurden zwischen 10 und 30 Vorfällen erfasst. Rassismus bleibt mit 78 Vorfällen die häufigste inhaltliche Kategorie (2022: 42). Den Anstieg in diesem Themenfeld machen Diskriminierungsfälle durch Institutionen und Behörden sowie Beleidigungen und Bedrohungen aus.


Bei den Ortsteilen sind die Anstiege vor allem in Schöneberg-Nord und bei den nicht zuzuordnenden Vorfällen, die von Beratungsstellen übermittelt werden zu verzeichnen. Die Ursache hierfür sind wöchentliche Demonstrationen der Querdenkerpartei „Die Basis“ und zusätzliche Daten aus Antidiskriminierungsberatungsstellen, die für das Vorjahr 2022 nicht vorlagen.

Ortsteile: Besonders starke Anstiege in Schöneberg-Nord und bei bezirksweiten Vorfällen

Der Ortsteil mit den meisten Vorfällen ist Schöneberg-Nord (86 für das Jahr 2023), was einen deutlichen Anstieg im Vergleich zu 2022 bedeutet (27 Vorfälle wurden 2022 dokumentiert). Grund hierfür sind montags stattfindende wöchentliche Demonstrationen der Querdenker-Partei „Die Basis“. Zudem gab es mehr Angriffe (2023: 9; 2022: 4) sowie Beleidigungen und Bedrohungen mit rassistischem Hintergrund im Ortsteil.

In der Kategorie Bezirksweit/ Unbekannt (61 Vorfälle für 2023) werden Vorfälle, die stark anonymisiert sind, damit die Betroffenen der Vorfälle keine negativen Konsequenzen zu befürchten haben. Darunter fallen beispielsweise 24 Diskriminierungsfälle an Schulen, die von der Beratungsstelle ADAS gemeldet wurden, 15 antisemitische Vorfälle, die RIAS Berlin weitergeleitet hat und solche, die stark anonymisiert über eine parlamentarische Anfrage im Berliner Abgeordnetenhaus veröffentlicht wurden. Diese Vorfälle sind 2022 nicht in die Auswertung für 2022 eingegangen, weil sie nicht vorlagen.

In Mariendorf blieben die Zahlen im Vergleich zu 2022 ähnlich (32 für das Jahr 2023 und 27 für 2022), während wir einen Rückgang im Vergleich zum Jahr 2021 verzeichnen (62 Vorfälle). Dabei handelt es sich hauptsächlich um Propaganda (28 Vorfälle), wobei die Motive Rassismus (14 Vorfälle) sowie NS-Verharmlosung und rechte Selbstdarstellung (10 Vorfälle) herausstechen.

Auch in Tempelhof (2023: 22, 2022: 10), Schöneberg-Süd (2023: 23, 2022: 15), Friedenau (2023: 18, 2022: 13) und Marienfelde (2023: 10, 2022: 5) ist ein niedriger Anstieg der dokumentierten Vorfälle zu verzeichnen. In Tempelhof wurden im gesamten Jahr 2023 Vorfälle mit unterschiedlichen Motiven dokumentiert. Hervorzuheben sind ein Flugblatt mit antisemitischem Inhalt, ein Fall von Anfeindungen gegen eine wohnungslose Person sowie vier Vorfälle von LGBTIQ*-Feindlichkeit. Nur zweimal wurden auch Flugblätter der Neonazi-Kleinstpartei „Der Dritte Weg“ in Briefkästen verteilt. Tempelhof-Schöneberg ist der Bezirk, in dem die wenigsten Aktivitäten organisierter extrem rechter Parteien stattfanden. In Friedenau wurden die meisten Fälle von Anti-LGBTIQ*-Propaganda (6) gefunden. Diese Propaganda wurde beispielsweise durch Aufkleber verbreitet. Unter dem Titel „Stolzmonat“ wurde bundesweit eine Gegenkampgange zum Pride-Month aus der extremen Rechten initiiert. Die Spuren dieser Kampagne waren auch in Tempelhof-Schöneberg zu finden. Darüber hinaus gab es einen Fall von Behindertenfeindlichkeit. So wurde im Januar 2023 am Marktplatz Breslauer Platz ein Kind mit Behinderung und dessen Familie von einer Frau beleidigt und bedroht.

In den Ortsteilen Lichtenrade und Marienfelde wurden insgesamt 14 Vorfälle dokumentiert. Diese sind auf Aufkleber gegen politische Gegner*innen der extremen Rechten, den Nationalsozialismus verherrlichende Schmierereien und antimuslimisch rassistische Propaganda zurückzuführen.

Inhaltliche Zuordnung: Rassismus ist stärkstes Vorfallmotiv

Die Hauptmotivation für die Vorfälle im Jahr 2023 war Rassismus mit 78 Erfassungen. Es wurden 23 Vorfälle von struktureller Benachteiligung an verschiedenen Schulen im Bezirk gemeldet, die wir durch unsere Zusammenarbeit mit der Anlaufstelle für Diskriminierungsschutz an Schulen (ADAS) erhalten haben.

Von den 11 rassistisch motivierten Angriffen im Jahr 2023 ereigneten sich zwei in Schöneberg-Süd und zwei in Tempelhof. Drei weitere ereigneten sich in Marienfelde, Mariendorf und Schöneberg-Nord. Bei den restlichen fünf Angriffen wurde aus Gründen des Schutzes der Betroffenen nicht angegeben, wo sie sich im Bezirk ereignet haben. Viele dieser Angriffe basieren auf Fremdenfeindlichkeit, Ausländerfeindlichkeit und Antiziganismus.

Diese Vorfälle sind auch auf die 19 Drohungen, Pöbeleien und Beleidigungen zurückzuführen, die im Jahr 2023 dokumentiert wurden. In zwei Fällen handelte es sich um konkreten antimuslimischen Rassismus, in zwei Fällen um anti-Schwarzen Rassismus und in einem Fall um Antiziganismus. Es gab auch Fälle von rassistischen Beleidigungen gegenüber Kindern und Familien, die nicht als Weiße wahrgenommen werden.

LGBTIQ*-feindliche Vorfälle gestiegen

Besorgniserregend ist der Anstieg an LGBTIQ*-feindlichen Vorfällen im gesamten Bezirk, der sich in einen berlinweiten Trend einreiht. Von den 24 Angriffen, die wir für das Jahr 2023 dokumentierten, hatten 12 ein LGBTIQ*-feindliches Motiv. Ebenso haben wir 9 Vorfälle von Bedrohungen mit LGBTIQ*-feindlichen Motiven dokumentiert. Beispielsweise kam es zu drei Sachbeschädigungen und einer Demonstration gegen die LGBTIQ*-Community in Schöneberg-Süd. So verteilte im Oktober die neonazistische Kleinpartei „Der III. Weg“ Flyer während der Tage der offenen Tür der queeren Kitas „Rosarote Tiger“ und „Gelbgrüne Panther“ im Rahmen des Projekts „Lebensort Vielfalt am Südkreuz“ verteilt. Die Flugblätter trugen den Titel „Familien schützen! Homo-Propaganda stoppen!“. In dem Text auf dem Flugblatt wurde argumentiert: „Wir stehen für den Schutz unserer Heimat, unserer Kultur & unseres Volkes. Die Familie ist dabei ein Gut, was es in besonderer Weise zu fördern & zu erhalten gilt“. Es wurden zudem an zwei verschiedenen Orten Regenbogenfahnen zerstört. Auch in anderen Bezirken wurden vermehrt Regenbogenfahnen an Einrichtungen und Verwaltungsgebäuden beschädigt.

Verschwörungsideologische Aktivitäten im Bezirk

Im Jahr 2023 fanden regelmäßig Montagsdemonstrationen des verschwörungsideologischen und rechten Spektrums statt. Insgesamt wurden für das Jahr 2023 32 solcher Veranstaltungen dokumentiert. Viele Teilnehmer*innen stammten aus dem Umfeld der sogenannten Querdenker*innen und Sympathisant*innen der Partei „Die Basis“. Es gibt personelle Überschneidungen mit den Autokorso-Demonstrationen im Bezirk. Bei diesen Montagsspaziergängen in Schöneberg-Nord wurde die Zeitung „Der Demokratische Widerstand“ verteilt, eine Publikation, die für rechtsoffene und verschwörungsideologische Gruppierungen bekannt ist. In anderen Berliner Bezirken sind Spaziergänge aus diesem Milieu mit dem Ende der Corona-Maßnahmen weitestgehend eingestellt worden.

Fazit

Im Jahr 2023 hat die Registerstelle doppelt so viele Vorfälle dokumentiert wie im Vorjahr. Darunter sind Fälle von Rassismus, Antisemitismus, LGBTIQ*-Feindlichkeit und Aufkleber und Schmierereien aus der rechten Szene erfasst worden.

Ein Grund für den Anstieg ist die Erhöhung der Bekanntheit der Registerstelle bei Aktivitäten mit Kooperationspartner*innen und der Community im Schöneberger Norden. Von dort wurden die meisten Vorfälle gemeldet (Montagsdemos und LGBTIQ*-feindliche Gewalt und Beleidigungen). Für das Jahr 2024 soll die Arbeit in den südlicheren Ortsteilen Marienfelde und Lichtenrade verstärkt werden, damit das Dunkelfeld an Vorfällen kleiner wird.

Im Bezirk Tempelhof-Schöneberg gibt es eine fest verankerte LGBTIQ++-Community, bestehend aus verschiedenen Projekten, Akteur*innen, Orten und Menschen, die hier leben. Sie leisten einen wertvollen Beitrag für die Dokumentation der Vorfälle im Bezirk. Alle Anwohner*innen und hier arbeitende Menschen bereichern das Zusammenleben im Bezirk und stärken mit ihrem Engagement für die Registerstelle die Sichtbarkeit von Betroffenen im Alltag. An dieser Stelle möchten wir uns bei allen bedanken, die uns Vorfälle melden sowie bei allen Organisationen, Bibliotheken, Kooperationspartner*innen, Projekten und Kontaktstellen, die unsere Arbeit im vergangenen Jahr unterstützt haben. Nur durch dieses Engagement werden die unterschiedlichen Erlebnisse und Perspektiven sichtbar. Danke!

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