NS-verharmlosende Propaganda-Aktion mit Puppen

Der 8. Mai 1945 wird nicht von allen als Tag der Befreiung von bzw. des Sieges über den Nationalsozialismus gefeiert. Verschiedene extrem rechte Akteure versuchen gezielt, den Gedenktag umzudeuten und nutzen ihn für die Verbreitung ihres revisionistischen Geschichtsbildes, die Verharmlosung oder Verherrlichung des Nationalsozialismus und eine Umkehr von Tätern und Opfern.
Blutbeschmierte Puppen gegen die Erinnerungskultur
Die neonazistische Kleinstpartei „Der III. Weg“ hat in diesem Jahr anlässlich des 8. Mai 2025 eine Propaganda-Aktion durchgeführt. Dabei platzierten sie lebensgroße Puppen in weißen Ganzkörper-Anzügen mit umgehängten Schildern mit NS-verharmlosenden Aufschriften in Berliner S-Bahnen. Diese fuhren für eine unbekannte Zeit durch die Gegend und konnten somit besonders viele Menschen erreichen, bis engagierte und aufmerksame Personen sie entfernten.
Das Plakat der einen Puppe hatte die Aufschrift: „Vertreibung, Mord und Vergewaltigung – Das nennt ihr Befreiung. 8. Mai wir feiern nicht!“. Auf dem weißen Anzug der Puppe war das Logo der Nationalrevolutionären Jugend, der Jugendorganisation von „Der III. Weg“ in grüner Farbe gesprüht worden. Die Puppe wurde am S-Bahnhof Pankow entfernt. Auf dem Plakat der anderen Puppe, welche in der S-Bahnlinie 3 auf Höhe Warschauer Straße entdeckt wurde, standen neben dem Slogan „8. Mai Wir Feiern nicht“ Stichworte wie „Kindermord“, „Massenvergewaltigung“, „Roter Terror“ und „Schändung der deutschen Familie“. Die Puppe war zudem mit falschen Blutspritzern in roter Farbe versehen worden und es waren zusätzlich dutzende Visitenkarten der extrem rechten Partei im Abteil herumgeworfen worden. Zusätzlich wurde am S-Bahnhof Pankow-Heinersdorf ein 2x4 Meter großes Banner entdeckt mit dem gesprühten Slogan „Keine Befreiung - NRJ“.
Die Aktion zog viel Aufmerksamkeit auf sich, was das augenscheinliche Ziel der Neonazis war. So filmte beispielsweise eine Influencerin im Unwissen über die Urheber*innen die Puppe ab und teilte das Video mit ihren 20 Tausend Follower*innen mit der Beschriftung „8. Mai ist nicht für Jeden ein Grund zum Feiern!“ und der Frage „Wie findet ihrs?“. Sie selber sei „leicht erschrocken, irritiert“ gewesen.
Vorbild-Aktionen
Bereits vor zehn Jahren dokumentierten die Registerstellen ähnlichen Fälle: Im Jahr 2012 wurde in Niederschönweide eine solche Puppe, ausgestopft mit Propaganda der NPD (heute: „Die Heimat“) und von außen mit einer rotbraunen Flüssigkeit beschmiert, mit Kabelbindern an ein Geländer gebunden. Das Plakat an der Puppe warb für den jährlich stattfindenden geschichtsrevisionistischen Neonazi-Aufmarsch in Dresden am 13. Februar. (Vorfall) Im Jahr 2014 legten Neonazis an U-Bahnhöfen in Neukölln menschengroße, beschriftete Puppen ab, die Ebenfalls die Bombardierung Dresdens 1945 thematisierten. (Vorfall)
Provokation als Strategie der Raumnahme
Bei „Der III. Weg“ handelt es sich um die derzeit größte organisierte Neonazi-Struktur in Berlin. Die neonazistische Kleinstpartei diente als Auffangbecken für langjährig aktive Neonazis u.a. ehemaligen Mitgliedern des NW Berlin (Nationaler Widerstand Berlin) und NPD-Kader. Zuletzt hatte „Der III. Weg“ im März diesen Jahres zu einer Demonstration nach Hellersdorf mobilisiert, welche sie erfolgreich mit über 200 Teilnehmenden durchführen konnte. Schon seit einigen Jahren verzeichnen die Berliner Register einen massiven Anstieg der Vorfälle in diesem Zusammenhang in Ostberlin. Die neueste Propaganda-Aktion am 8. Mai 2025 ordnet sich ein in die Strategie gezielter Provokationen im und Einnahme von öffentlichem Raum.
Weiterführende Informationen
- Handreichung: "Was tun bei Neonaziorganisation Der III. Weg vor der Schule?"
- Artikel Juli 2024: "NRJ in Berlin: Wachsende Bedrohung durch Neonazi-Jugend"
- Artikel Januar 2023: "III. Weg und NRJ in Treptow-Köpenick"
- Artikel Juli 2023: "Angriffe, Bedrohungen, Einschüchterung: Wie die Neonazis vom "III. Weg" versuchen in Hellersdorf Dominanz zu demonstrieren"