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29.03.2022 Register Treptow-Köpenick

Jahresauswertung 2021 des Register Treptow-Köpenick erschienen


Logo des Register, Text: Register Treptow-Köpenick zur Erfassung extrem rechter und diskriminierender Vorfälle - Auswertung 2021 - , Bild: Blick in die Bölschestr.

Im Jahr 2021 wurden 387 Vorfälle dokumentiert (2020: 329). Das entspricht einer Steigerung um ca. 18 % und ist eines der höchsten Ergebnisse seit der Erfassung durch das Register im Bezirk (Ausnahme 2018: 448). Der Zuwachs spiegelt sich in allen Kategorien wider. Außer im Bereich der Angriffe, in dem es dieses Jahr zu einer Untererfassung kam.

Die Angriffe sind 2021 stark gesunken. Es wurden mit insgesamt 13 Angriffen nur halb so viele dokumentiert wie im Vorjahr (2020: 27). Dies ist darauf zurück zu führen, dass es im Jahr 2021 eine Untererfassung gibt. In allen vorangegangenen Jahren wurden Daten über Gewalttaten aus dem Themenbereich Hasskriminalität aufgenommen. Für das Jahr 2021 wurden diese Daten aufgrund von Datenschutzbedenken nicht mehr vom Berliner LKA an zivilgesellschaftliche Stellen übermittelt. Aus diesem Grund gibt es in ganz Berlin trotz deutlich gestiegener Anzahl von Meldungen, weniger dokumentierte Gewaltvorfälle. Dagegen sind die Beleidigungen/ Bedrohungen/ Pöbeleien wieder stark gestiegen (+ 14) und mit insgesamt 51 dokumentierten Vorfällen nahe dem Niveau der Jahre vor Beginn der Corona-Pandemie (2018: 55; 2019: 52). Es zeigt sich zum einen, dass die durch die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie eingeschränkte Mobilität durch andere Orte ersetzt wurde, beispielsweise durch den Aufenthalt in Parks (Anstieg der Vorfälle im Treptower Park). Zum anderen gab es aufgrund des Wahlkampfes eine Verschiebung der Beleidigungen/ Bedrohungen/ Pöbeleien hin zu politischen Gegner*innen (+ 9). Zudem wurden vermehrt NS-verherrlichende Pöbeleien gemeldet (+ 7), was sich bereits im Vorjahr durch eine stark gestiegene Propaganda in diesem Bereich abzeichnete. Obwohl immer noch die meisten Übergriffe rassistisch motiviert waren, gab es bei diesem Motiv einen starken Rückgang. Dies lässt sich sowohl durch die Untererfassung der Angriffe erklären (sie waren in der Vergangenheit zu ca. 70 % rassistisch motiviert), als auch durch die Konzentration auf die Corona-Pandemie und den Wahlkampf, der in diesem Jahr weniger rassistisch aufgeladen war, als in anderen. Die meisten Angriffe und Beleidigungen/Bedrohungen/ Pöbeleien wurden in Alt-Treptow (12) dokumentiert, gefolgt von Niederschöneweide (8).

Auch in den anderen Kategorien zeigen sich Anstiege. So haben sich die Veranstaltungen (24) verdoppelt, die dokumentierten Sachbeschädigungen (20) und Strukturellen Benachteiligungen (18) sind sogar noch stärker gestiegen. Insbesondere die Veranstaltungen und Sachbeschädigungen fanden mehrheitlich im Kontext des Wahlkampfes statt. Dagegen stiegen die Strukturellen Benachteiligungen durch den Ausbau der Kooperationen. So wurden mehr Vorfälle von Beratungsstellen aufgenommen und damit rassistische Alltagsdiskriminierung besser dargestellt. Auch die Propaganda ist leicht gestiegen (+ 26), jedoch ist dabei ihr Anteil an der Gesamtzahl der Vorfälle um 4 % gefallen. Inhaltlich standen die Themen Rassismus, NS-Verharmlosung/Verherrlichung und (extrem) rechte Selbstdarstellung mit jeweils ca. 25 % der Propaganda im Vordergrund. Über die Hälfte der Propaganda (hauptsächlich Aufkleber) stammte von den extrem rechten Parteien NPD und III. Weg, die auf diese Weise ihren Wahlkampf ergänzten. Nach dem extremen Hoch von NS-verherrlichender Propaganda im Vorjahr ist diese zwar rückläufig (- 33), was sich jedoch durch einen massiven Rückgang von neonazistischen Zahlencodes zeigt, wobei die Menge der Hakenkreuze weiter steigt.

Auch in der inhaltlichen Verteilung der Vorfälle spiegelt sich der Wahlkampf im Jahr 2021 wider. So nahm das Motiv der (extrem) rechten Selbstdarstellung stark zu (+ 252 %). Dies zeigt sich insbesondere in den Kategorien Veranstaltungen und Propaganda. Zwar auf einem geringeren Vorfall‑Niveau, aber trotzdem deutlich, stiegen die Motive Antisemitismus (+ 92 %) und LGBTIQ*-Feindlichkeit (+ 100 %). Im Themenfeld Antisemitismus hat vor allem die Propaganda zugenommen (+ 9), was durch den starken Anstieg der Aktivitäten der neonazistischen Kleinstpartei III. Weg im Bezirk zu erklären ist. Bei den LGBTIQ*-feindlichen Vorfällen sind es insbesondere die Übergriffe, die weiter gestiegen sind. So wurden 5 Angriffe (+ 2) und 5 Beleidigungen /Bedrohungen/ Pöbeleien (+ 3) dokumentiert. Das ist der höchste Stand seit Erfassung durch das Register im Bezirk und das trotz der bereits genannten Untererfassung. Das Hauptmotiv aller dokumentierten Vorfälle bleibt allerdings Rassismus mit 31 %.

Adlershof (62) hat im Jahr 2021 erstmals seit vielen Jahren Niederschöneweide (42) als Ortsteil mit den meisten Vorfällen abgelöst. Damit setzte sich der steigende Trend in Adlershof weiter fort (2018: 31; 2019: 37; 2020: 35). Dies ist insbesondere auf die stark gestiegene Anzahl (+ 26) von dokumentierten Propaganda-Vorfällen zurückzuführen. Hier waren es vor allem die extrem rechten Parteien NPD und III. Weg, die durch teilweise sehr große Aufkleber-Serien (bis zu 100) auffielen. Hinzu kommt ebenfalls, dass sich aufgrund der steigenden Vorfälle die lokale Initiative ‚Adlershof gegen Rechts‘ gegründet hat und damit die Meldestruktur deutlich verbessert werden konnte. Ein anderer Ortsteil mit einem starken Anstieg (+ 100 %) der Vorfälle ist Altglienicke. Hier ist insbesondere der nördliche Teil von NS-verherrlichender Propaganda betroffen. Die größte prozentuale Steigerung der Vorfälle wurde jedoch in Friedrichshagen dokumentiert (+ 133 %). Es sind insbesondere die rassistisch motivierten Sachbeschädigungen und Beleidigungen/ Bedrohungen/ Pöbeleien, die einen Zuwachs verzeichnen. Besonders ist hierbei, dass 11 rassistisch motivierte Vorfälle miteinander in Verbindung gebracht werden können.

Wie in der Auswertung des Jahres 2020 vermutet, hat sich fast vollständig eine Normalisierung der Vorfallanzahl vollzogen. Der verminderten Mobilität durch die Einschränkungen im Rahmen der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie wurden neue Bewegungsmuster entgegengesetzt, die zu einer Rückkehr des Niveaus der Vorfälle auf die Vorjahre führte. Insbesondere der Wahlkampf und die gestiegene Aktivität der extrem rechten Parteien prägten die Vorfälle im Jahr 2021. Ob diese Aktivitäten so weitergeführt werden, bleibt abzuwarten. Durch die zu erwartende Einstellung der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie werden im kommenden Jahr die Vorfälle an den Wochenenden und Abenden wieder zunehmen und vermutlich eine weitere Normalisierung eintreten. Trotzdem wird das Thema Corona auch das Dokumentationsjahr 2022 weiter prägen. Die anhaltenden Proteste gegen die Impfpflicht, einer über zwei Jahre radikalisierten Szene werden vermutlich zu einem Anstieg der Vorfälle in diesem Bereich führen. Aber auch der Krieg in der Ukraine und die dadurch entstehenden gesellschaftlichen Herausforderungen, wie die Aufnahme von geflüchteten Menschen, antislawischer Rassismus und der Kampf um die Deutungsmacht, werden aller Voraussicht nach das Jahr 2021 prägen. Insbesondere mit dem Rückblick auf die Entwicklung der rassistischen Vorfälle in den Jahren 2014/ 2015 und die mit Flucht einhergehenden, verstärkten rassistischen Reaktionen in der Gesellschaft ist es notwendig, antirassistisches und antifaschistisches Engagement weiter zu stärken, Solidarität mit Betroffenen zu zeigen und ihre Lebensrealität sichtbar zu machen, sowie einen wachen Blick auf die gesellschaftlichen Entwicklungen zu haben.

Hier findet ihr die Jahresauswertung 2021.

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