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01.05.2023 Register Lichtenberg

Die AfD in Lichtenberg – eine Bestandsaufnahme aus Sicht des Lichtenberger Registers


Laternenpfahl mit Bäumen im Hintergrund. Darauf sind mehrere Sticker die teilweise abgerissen sind und oben ein AfD-Aufkleber auf dem "Wir sind deine Stimme" steht.

Zwischen 2018 und dem heutigen Tage wurden 25 Vorfälle im Bezirk Lichtenberg erfasst, in denen die AfD, Mitglieder der AfD-Fraktion Lichtenberg und der Jugendorganisation „Junge Alternative“ vorkommen. Im Verhältnis zur Gesamtzahl aller erfassten Vorfälle sind 25 sehr gering. Ein Grund dafür ist, dass der Erfolg der AfD nicht auf lokale Präsenz zurückzuführen ist. Die Strategie der Partei ist es öffentlich zu provozieren und damit die mediale Aufmerksamkeit auf die Inhalte der Partei zu lenken. Dementsprechend niedrig ist der Output der bezirklichen Kreisverbände der AfD, so auch in Lichtenberg.

Die AfD in der BVV Lichtenberg

Die AfD ist eine rechtspopulistische Partei, die auch in Lichtenberg mit rassistischen und antifeministischen Aktivitäten auffiel. Seit 2016 ist sie mit einer Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vertreten und in Ausschüssen präsent. Aus der letzten Wiederholungswahl zur Lichtenberger BVV 2023 ging sie mit 16.613 Stimmen (14 % der abgegebenen Stimmen insgesamt) als viertstärkste politische Kraft hervor und erhielt acht Sitze in der BVV.

Aus dem Kontext BVV stammen sechs Vorfälle mit diskriminierenden Redebeiträgen. Hierbei fällt auf: Abgeordnete der AfD-Fraktion nutzten in der Vergangenheit Debatten zu Themen wie Wohnungsbau, zivilgesellschaftliches Engagement oder Schulreinigung, um darin rassistische und diskriminierende Inhalte zu platzieren. Im Zuge einer BVV-Debatte um eine Resolution gegen Antisemitismus am 27.05.2021 legten mehrere AfD-Verordnete den inhaltlichen Fokus auf "zugewanderten Antisemitismus". In derselben Sitzung wurden Mitglieder der zivilgesellschaftlich engagierten Gruppe “Omas gegen Rechts” als nicht zurechnungsfähig diffamiert. In einer anderen Sitzung der BVV nahm ein Vertreter der AfD eine Aussprache zu Neubebauungen in Lichtenberg zum Anlass, um die Diskussion um Wohnungsknappheit rassistisch aufzuladen. Für diese seien vor allem Menschen verantwortlich, "die aus aller Welt zu uns kommen".

Wenig Außenwirkung: Veranstaltungen und Soziale Medien

Im genannten Zeitraum fanden außerhalb der BVV-Sitzungen wenige Aktivitäten und Veranstaltungen der AfD statt, die in der Chronik erfasst wurden. Stammtische, Spaziergänge oder Wahlkampfstände erfasst das Register nur dann, wenn Inhalte klar als diskriminierend oder extrem rechts eingeordnet werden können. Dass so wenig Informationen vorliegen, spricht dafür, dass die AfD im Bezirk kaum öffentlich in Erscheinung tritt. Einen Vorfall dokumentierte das Register ausgerechnet am 8. März 2022, dem internationalen feministischen Kampftag: In einer aufgezeichneten Online-Veranstaltung saßen vier Männer der AfD zusammen und äußerten sich frauenfeindlich und antifeministisch.

Darüber hinaus gab es Aktivitäten in sozialen Medien. So schrieb beispielsweise ein BVV-Verordneter der AfD im Jahr 2020 folgenden Text auf Facebook: "NAZI? N-A-Z-I? Nicht An Zuwanderung Interessiert. NAZI!". Dieser Spruch - als Eigenbezeichnung gemeint - ist ein beliebtes T-Shirt-Motiv eines extrem rechten Onlineversands und verharmlost die Verbrechen des Nationalsozialismus.

Spaziergänge, wie der am 1. Mai 2023 angekündigte, wurden mehrmals jährlich angeboten. Dort wurden die rechtskonservativen geschichtspolitischen Vorstellungen der AfD präsentiert, z.B. die Glorifizierung des Kaiserreichs.

Propaganda der AfD

In den beiden letzten Wahlkämpfen 2021 und 2023 waren die Themen der AfD nicht auf den Bezirk Lichtenberg zugeschnitten, sondern griffen Berlin- und bundesweite Themen auf: Sie zielten auf Ordnung und Sicherheit, auf individualisierten Verkehr mit Dieselkraftstoff, Elitenkritik, lehnten Migration und unterschiedliche Lebens- und Liebensweisen jenseits der traditionellen Familie ab.

Beispielhaft dafür war ein Wahlplakat an der Trabrennbahn in Karlshorst, welches am 21.08.2021 vor dem Eingang zum queeren Sommerfest des Bezirks Lichtenberg gemeldet wurde. Hier ließ die AfD ein Großplakat aufstellen mit der Aufschrift "Ich bin Mutter. Kein ‘gebärendes Elternteil’". Dazu steht auf dem Plakat "Berlin. Aber normal" und "Gender Gaga". Durch diese Formulierungen wurden die Bedarfe von queeren Menschen auf gendergerechte Sprache reduziert und als unberechtigt dargestellt.

Wiederholt wurde AfD-Propaganda auch jenseits von Wahlkämpfen entdeckt, die in Kombination mit anderer Neonazi-Propaganda verklebt oder in Briefkästen gesteckt wurde. Aufkleber der „Jungen Alternative“ fanden sich neben solchen der neurechten „Identitären Bewegung“ und NS-verharmlosende Parolen. Die Jugendorganisation "Junge Alternative" wurde gerade erst vom Verfassungsschutz zur extrem rechten Organisation erklärt. Eine Jugendeinrichtung, die 2022 15-mal extrem rechte Propaganda von “Der III. Weg”, der “Identitären Bewegung” oder der NPD in ihrem Briefkasten vorgefunden hatte, entdeckte dort im Juni 2022 ein Flugblatt der AfD zum Thema “Antifa-Verbot”.

Die Propagandavorfälle zeigen, dass Sympathisant*innen der AfD auch Inhalte unterschiedlicher extrem rechter Gruppierungen teilen und dass die Verharmlosung des Nationalsozialismus fester Bestandteil dieser Ideologie ist.

Fazit

Anders als bei Organisationen oder Parteien wie der NPD oder “Der III. Weg” bezieht die AfD ihre öffentliche Wirkung in Lichtenberg nicht aus Aktivitäten im öffentlichen Straßenland wie dem Anbringen von Propaganda oder der Durchführung von Veranstaltungen. Vielmehr ist die Sichtbarkeit der Bundespartei in der öffentlichen Debatte und in Sozialen Medien entscheidend, auch für die Wahlerfolge der AfD in Lichtenberg. Wahlstände, eigenständige Aktionen, aber auch lokale Themen spielen dabei eine untergeordnete Rolle. Das spiegelt die niedrige Zahl erfasster Vorfälle in Lichtenberg wider.

Auch wenn der Großteil der aufgenommenen Vorfälle Propaganda ist, ist es vor allem die parlamentarische Bühne der BVV, die von der lokalen AfD dafür genutzt wird, um ihre politische Agenda zu platzieren. Darunter fanden sich in der Vergangenheit rassistische Äußerungen, Kritik an demokratischen politischen Entscheidungen (Elitenkritik) und die Ablehnung von diversen Lebensentwürfen.

Auch wenn die Vorfälle im Zusammenhang mit der AfD auf lokaler Ebene wenig Wirkung erzielen, trägt sie dazu bei, extrem rechte Inhalte in der öffentlichen Wahrnehmung präsent zu halten. Es bleibt wichtig hinzusehen und zu widersprechen, ob auf parlamentarischer Ebene, bei Veranstaltungen im Bezirk oder Propaganda.


Vorfälle können auch in Zukunft an das Lichtenberger Register gemeldet werden.

Das Lichtenberger Register ist erreichbar über lb@berliner-register.de und weitere Kontaktmöglichkeiten.

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