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17.11.2025 Register Lichtenberg

Übersicht extrem rechte Jugendliche im Sommer 2025


Der III.Weg und NRJ in Wartenberg 2025

Nachdem sich im Sommer 2024 bundesweit, eine neue extrem rechte Jugendkultur entwickelt und etabliert hat, waren viele Akteur*innen aus Politik und Zivilgesellschaft voller Sorge, wie sich dieses Milieu aus extrem rechten und rechtsaffinen Jugendgruppen in diesem Jahr entwickeln würde und ob wir eine neue Welle extrem rechter Gewalt zu erwarten haben. Auch wenn die schlimmsten Befürchtungen zum Glück in Berlin nicht eingetreten sind, so hat es doch einige interessante Entwicklungen in der extrem rechten Szene gegeben, welche in diesem Text näher beleuchtet werden sollen. Dabei wird der Fokus insbesondere auf den Aktivitäten in Lichtenberg liegen, jedoch auch immer wieder darüber hinaus weisen. Zu Beginn werden die aktuellen Entwicklungen der neonazistischen Jugendorganisation der Partei „Der III. Weg“, die „Nationalrevolutionäre Jugend“ (NRJ) kurz vorgestellt. Diese nimmt insofern eine Sonderrolle ein, als dass sie schon seit 2022 besteht und sich nicht erst im letzten Jahr gegründet bzw. formiert hat. Außerdem kann sie auf eine erfahrene und in der Neonaziszene bestens vernetzte „Erwachsenenstruktur“ zurückgreifen, die den jungen Nazis ihr Wissen weitergibt. Darin unterscheidet sie sich von den anderen, neu entstandenen Neonazi-Jugendgruppen wie „Deutsche Jugend voran“, „Deutsche Patrioten voran“ oder der „Berliner Jugend“. Auf diese Gruppen wird dann im zweiten Teil des Textes eingegangen.

NRJ:

Die neonazistische Jugendorganisation „Nationalrevolutionäre Jugend“ hat ihre Aktivitäten im Vergleich zum letzten Jahr deutlich verstärkt. Zu den typischen Aktionsformen zählen dabei Flyerverteilaktionen sowie Infostände, bei denen ebenfalls vor allem Flyer an Passant*innen verteilt werden. Darüber hinaus führt die NRJ regelmäßig Gemeinschaftsaktivitäten wie z.B. gemeinsame Ausflüge oder Sporteinheiten durch. Besonders hervorzuheben ist dabei ein Kampfsporttraining, welches im Sommer in der Nähe des linken Jugendzentrums WB13 stattgefunden hat, sowie der sog. „Sturm auf Berlin“ am 18.10. bei dem der Berliner Parteistützpunkt (mit Unterstützung aus Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern) in Berlin 10 Infostände durchführte, ein Graffiti sprühte und sich anschließend zum gemeinsamen Sport machen in Angermünde traf.

Diese Aktionen verfolgen dabei vor allem den Zweck, die eigene Gemeinschaft zu stärken und gleichzeitig neue Mitglieder (insbesondere Jugendliche) für die eigene Arbeit zu gewinnen. Diese vermeintlich harmlosen Parteiaktivitäten sollten jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die NRJ eine gewaltbereite und militante Neonazistruktur ist. Exemplarisch zu nennen ist hierbei der Angriff auf die linke Kneipe „Fischladen“ am Herrentag dieses Jahres oder auch der Angriff auf das Vielfaltsfest in Bad Freienwalde, bei denen davon ausgegangen wird, dass die Täter dem Umfeld der NRJ zuzuordnen sind.

Rechte Jugendgruppen:

Abseits der NRJ hat sich im letzten Jahr eine weitere Organisationsform extrem rechter Jugendlicher etabliert. Während diese im letzten Jahr vor allem als Onlinephänomen begann und sich über die Gegenproteste zu CSD-Veranstaltungen immer weiter vernetzte und organisierte, sind in diesem Jahr aus den losen Zusammenhängen extrem rechter Jugendlicher organisierte(re) Strukturen geworden. Nachdem die CSD-“Saison“ letztes Jahr vorüber war, trat dieses Klientel vor allem auf eigenen Demos in Erscheinung. Ein ehemaliges AfD-Mitglied aus Aachen, hat sich zu Beginn des Jahres eine neue Figur ins Zentrum der neuen extrem rechten Jugendbewegung gestellt. Als Anmelder diverser extrem rechter Demonstrationen in Berlin, mit denen das „Winterloch“ gefüllt werden konnte, trug er wesentlich zur besseren Vernetzung der Szene bei. Nachdem seine letzte Demonstration am 22.3.2025 jedoch in einem Desaster endete, fiel er bei der Szene in Ungnade und wurde nicht mehr als Führungsfigur akzeptiert. Sein Fall kann symbolisch für die Schnelllebigkeit der Szene gesehen werden.

Die Vernetzung bzw. die Organisation der Neonazigruppen blieb jedoch erhalten, so dass diese auch weiterhin politisch aktiv blieben und weiterhin versuchten, eigene Demonstrationen zu organisieren – das scheiterte meist kläglich – oder ab Beginn des Sommers wieder auf Gegendemonstrationen zu CSD-Protesten fuhren. Darüber hinaus fand zumindest in Teilen auch eine Anbindung an bereits bestehende Nazistrukturen statt. Insbesondere die Gruppe „Deutsche Jugend voran“ (DJV) nimmt hierbei eine Vorreiterrolle ein. So fanden im Verlauf des Sommers immer wieder Veranstaltungen der DJV, wie Neumitgliedertreffen oder Workshops, in der „Die Heimat“-Zentrale in Köpenick statt und inzwischen wird die Zusammenarbeit auch ganz offen zur Schau gestellt. So posierten Mitlieder der DJV in „Die Heimat“-Shirts oder mit Flaggen der Partei „Die Heimat“ und für den 29.11.2025 wird auch eine gemeinsame Demonstration von DJV, den „Jungen Nationalisten“ und der Partei „Die Heimat“ beworben. Auch erschließt sich die DJV die noch bestehenden Räumlichkeiten der alten Neonaziszene Berlins. So fand mindestens ein bestätigtes Treffen der DJV in den Räumen der Lichtenberger Kneipe „Sturgis“ statt, die schon in den frühen 2000er Jahren Treffpunkt der Berliner Neonaziszene war.

Andere Neonazi-Jugendgruppen, wie die „Deutschen Patrioten voran“ (DPV) oder die „Berliner Jugend“ suchen dabei den Anschluss an die Partei „Die Heimat“ (noch) nicht so offensichtlich und inszenieren sich stattdessen als unabhängige Jugendgruppen, die gemeinsam Demos besuchen oder Gruppenausflüge machen. Doch es ist davon auszugehen, dass diese Gruppen untereinander vernetzt sind und somit die Ressourcen und Erfahrungen der Partei „Die Heimat“ früher oder später auch bei ihnen ankommen werden.

Bezug zu Lichtenberg:

Diese allgemeinen Erkenntnisse über die Nazistrukturen in Berlin machen sich auch im direkten Alltag in Lichtenberg bemerkbar. Während Lichtenberg bisher noch kein direktes Aktionsfeld der extrem rechten Jugendgruppen ist, ist davon auszugehen, dass einige Mitglieder dieser Gruppen in Lichtenberg wohnen oder sich regelmäßig hier treffen. Dies schlägt sich insbesondere in den massiv gestiegenen Zahlen an extrem rechter Propaganda im Bezirk nieder. Auch wird für den 22.11.2025 von der Szene nach Lichtenberg mobilisiert, um sich hier zu Gegenprotesten gegen eine antifaschistische Demonstration zu versammeln – hier bleibt abzuwarten, wie viele Neonazis diesem Aufruf folgen werden. Wie aus dem Halbjahresbericht des Lichtenberger Registers für das erste Halbjahr 2025 hervorgeht, ist die Anzahl an Propagandavorfällen (Sticker, Tags, Graffiti) um fast ein Drittel gestiegen. Besonders hervorzuheben sind hierbei die Sprüher*innen, die unter dem Tag „EHL“ (Einheit Lichtenberg) gesprüht haben und es teilweise immer noch tun. Von Mai bis September waren diese sehr umtriebig in Lichtenberg und haben ihre Tags immer wieder an verschiedenen Orten (rund um den Herzberge Park, an der Rummelsburger Bucht, im Kaskelkiez, etc.) hinterlassen. Dies ist auch insofern bemerkenswert, als dass Graffiti in der Vergangenheit - mit Ausnahme von den früheren „Autonomen Nationalisten“ der Nullerjahre - nicht unbedingt ein Ausdrucksmedium extrem rechter Politik war - auch wenn es in den letzten Jahren wieder vermehrt an Bedeutung gewonnen hat. Insbesondere „Der III. Weg“ und die NRJ hatten hier erneut eine Vorreiterrolle inne und sprühen inzwischen relativ regelmäßig große Bilder an öffentlichen Halls (Wandflächen, die zum Graffiti Malen genutzt werden). Inzwischen ist es um „EHL“ aber wieder etwas ruhiger geworden und es tauchen wesentlich weniger neue Tags als noch in den Sommermonaten auf. Ob das mit einem Umzug der Protagonist*innen, Motivationsverlust, verstärkter Repression durch die Polizei oder anderen Gründen zusammenhängt, ist unbekannt.

Im Windschatten dieser Propagandaaktivitäten steigen aber auch die Fallzahlen anderer Vorfallarten wie Beleidigungen, Bedrohungen oder auch tätliche Angriffe auf (vermeintliche) politische Gegner*innen oder Migrant*innen. Dieser Entwicklung gilt es sich deswegen entschieden entgegen zu stellen und extrem rechte Propaganda auch weiterhin aktiv zu melden und aus dem Stadtbild zu entfernen, um so dieser extrem rechten Bewegung den Wind aus den Segeln zu nehmen.

Lichtenberger Register, 17. November 2025

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