Flugblatt in Reinickendorf droht mit Abschiebung
In Reinickendorf wurde im November ein Flugblatt verteilt, das Migrant*innen mit Abschiebung drohte. Das laienhaft gelayoutete Flugblatt sollte den Anschein erwecken, im Namen von Bundesinnenministerium und Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verfasst worden zu sein. Im Text wurden vermeintlich ausländische Personen adressiert und ihre Abschiebung vom BER nach Uganda angekündigt. Sie wurden aufgefordert, sich zu diesem Zweck zuhause aufzuhalten, wo sie abgeholt werden würden. Die im Text genannten möglichen Gründe für die Abschiebung erweckten den Anschein, Migrant*innen stellten generell eine Gefahr für die deutsche Gesellschaft dar. Das Flugblatt wurde vor der Bertha-von-Suttner-Schule, einem Gymnasium in der Reginhardstraße im Ortsteil Reinickendorf, verteilt (Chronikeintrag). Flugblätter wie diese lösen nicht nur unter Migrant*innen, sondern auch unter Personen, die für solche gehalten werden, für große Verunsicherung. Sie sollen ihnen die Botschaft vermitteln: Ihr seid nicht willkommen und ihr könnt euch eurer Zukunft in Deutschland nicht sicher sein.
Es ist nicht das erste Mal, dass extrem Rechte Akteur*innen durch Aktionen wie diese versuchen, migrantische Communitys in Angst und Schrecken zu versetzen. Bereits im September 2011 verteilte die NPD im Bezirk Treptow-Köpenick Zettel, die wie Flugtickets aussahen und mit „Rückflugticket“ überschrieben waren. Im Text wurde gegen „Fremde“ gehetzt, die zu Unrecht in Deutschland leben würden. Die vermeintlichen Tickets waren personifiziert und die Betroffenen wurden persönlich angeschrieben (Chronikeintrag). In den Jahren 2013 und 2015 verschickte die NPD Briefe an einzelne Politiker*innen. Auch sie enthielten vermeintliche Flugtickets und die Aufforderung, das Land zu verlassen (Beispiel 1, Beispiel 2).
Die Aufmachung des Reinickendorfer Flugblatts ist deutlich weniger professionell gestaltet, was daraufhin deuten kann, dass hier eine Einzelperson auf eigene Faust ein Layout zusammengebastelt hat. Dass sich Personen dazu berechtigt fühlen, derartige Propaganda zu verteilen, hängt damit zusammen, dass aggressive Forderungen nach massenhaften Abschiebungen in den letzten Monaten immer lauter und gesellschaftsfähiger werden. So verteidigten verschiedene AfD-Politiker*innen nach den Correctiv-Recherchen Anfang 2024 offensiv die Verwendung des Begriffs „Remigration“ (Beleg 1, Beleg 2, Beleg 3). Auf einem internationalen Kongress der identitären Bewegung zum Thema war auch eine AfD-Politikerin zugegen (Beleg 4). Auch extrem rechte Versandhandel verbreiten den Begriff, der ursprünglich von der Neuen Rechten etabliert wurde[JH1] . Dieser Trend schlägt sich zunehmend im öffentlichen Raum nieder, wie die Chronik der Berliner Register zeigt (Beispiel 1, Beispiel 2). In Reinickendorf und anderswo tauchen seit Monaten vermehrt Aufkleber mit dem Begriff auf. Durch eine niedliche Aufmachung mit bunten Flugzeugen in Herzform, Lämmchen auf Blumenwiesen, oder Bärchen verharmlosen sie den Begriff und versuchen, die Kritik daran ins Lächerliche zu ziehen (Beispiel 1, Beispiel 2, Beispiel 3).